Zeitreise Wildkogel - Wie alles begann
Ein Blick zurück
Schließen Sie die Augen und drehen Sie das Rad der Zeit um rund sechs Jahrzehnte zurück. Noch nicht lange her – zwei Generationen –, da stapften die Menschen an den Hängen des Wildkogels noch zu Fuß bergauf. Skier mit Fellen oder einfach geschultert, um sich die Abfahrt ins Tal zu verdienen. Von modernen Bahnen, präparierten Pisten und Skihütten-Infrastruktur keine Spur. Und doch war die Freude am Skifahren groß – so groß, dass Neukirchner und Bramberger Pioniere mit viel Elan und Durchhaltevermögen ihre Vision in die Tat umsetzten und damals der Grundstein für das Skigebiet legte, das heute als Wildkogel-Arena begeistert.
Josef Stainer, Neukirchen - Ehemaliger geschäftsführender Vorstand der Bergbahnen Wildkogel und Gemeindesekretär
Josef „Sepp“ Stainer, 1929 geboren, erinnert sich noch lebhaft an diese Anfänge und die Gaudi, die bei den Ski-Abfahrten im Tiefschnee mit lauten „Juchitzern“ begleitet wurden. Aufgewachsen am Bauernhof des Patenonkels in einfachen Verhältnissen, sparte er lange auf seine ersten Holzskier ohne Kanten, die er sich beim Wagnermeister Herzog holen konnte. Mit den Freunden stapfte er hinauf auf den Wildkogel – dort trafen sich die Neukirchner und Bramberger Skifahrer – und genossen die wilde Abfahrt durchs freie Gelände.
Wir kamen von der Verlustzone in die Gewinnzone
In den 1960er-Jahren erlebte er hautnah den Beginn des Liftbaus mit, welcher der Initiative und dem Weitblick des damaligen Neukirchner Bürgermeisters, Landtagsabgeordneten und später Nationalrat KR Hans Schweinberger und seinen Unterstützern zu verdanken ist. Der dazumal gewählte Firmenname „Oberpinzgauer Fremdenverkehrsförderungs- und Bergbahnen AG“ ist geblieben und auch daran erkennt man die Vision der Wildkogel-Pioniere. Schon 1959 gab es erste Pläne, doch erst nach einer Bundesrechnungshofprüfung 1965 kam Bewegung ins Projekt. 1966 wurde mit viel Einsatz und Mühe der Doppelsessellift bis zur Mittelstation sowie ein Einsersessellift zur Bergstation gebaut – der Startschuss für den Wintertourismus in Neukirchen. „Alle fuhren mit dem Lift, viele arbeiteten in der Skischule – das war eine neue Zeit.“
1970 wurde Stainer in den Vorstand der Wildkogelbahn berufen. Gemeinsam mit Sepp Vorderegger entwickelte er einen Zehn-Jahres-Plan mit visionären Liftprojekten, der tatsächlich umgesetzt wurde. Unvergessen bleibt ihm ein Erlebnis 1971/72, als er mit dem Generaldirektor des Raiffeisenverbands Skifahren war. Stainer zeigte ihm das Gelände, wo später der Gensbichl-Lift entstehen sollte. „Es fehlen uns zum Bau noch 2,2 Millionen“, erklärte er. Auf die Frage nach Sicherheiten entgegnete er: „Außer meinem Gesicht gar nichts.“ Der Kredit wurde noch am Berg per Handschlag zugesagt – und der Lift gebaut.
„Wir kamen von der Verlustzone in die Gewinnzone“, erinnert sich Stainer zurück an den wirtschaftlichen Aufschwung. Zugleich wurde die Pistenrettung ins Leben gerufen und erstmals erfreuten sich Skifahrer an präparierten Hängen. „Wir sahen, dass am Arlberg die Pisten bereits mit einer großen hölzernen Walze, geführt von zwei Skifahrern, plattgewalzen wurden. Das wollten wir auch für den Wildkogel und schon bald startete bei uns die Ära der Pistenpräparierung. Die Teams, die die Walze führten, waren exzellente Skifahrer, denn die Handhabung dieses schweren Geräts erforderte Kraft und Können.“ Heute blickt er zufrieden zurück: „Ich bin sehr stolz, dass meine Nachfolger unsere Arbeit so gut weitergeführt haben und der Wildkogel zu einem vielfach ausgezeichneten Skigebiet herangewachsen ist, das heute so viele Stammgäste aus nah und fern lieben.“
Walter Innerhofer, Bramberg - Obmann Tourismusverband Bramberg
Walter Innerhofer, Jahrgang 1950, verbrachte seine Kindheit am Weißsee Gletscher in Uttendorf – Skifahren war dort für ihn eine Selbstverständlichkeit. Später, in der Schule im Felbertal erlebte er 1964 eine Skiwoche am Wildkogelhaus – damals noch ohne Lifte. „Die Lehrer waren sehr dahinter, dass wir Kinder das Skifahren lernen“, erzählt er. Mit Skiern, an denen Felle befestigt wurden, stieg man damals in der Gruppe auf und für die eine spaßbringende Abfahrt.
Später machte Innerhofer das Skifahren zum Beruf: Als Skilehrer in Hinterglemm, drei Jahre in Schottland und in der Skischule Neukirchen. 1978 gründete er schließlich die Skischule Bramberg, die heute sein Sohn Markus weiterführt.
Blicken wir zurück auf den Start der Bramberger Skigeschichte. Schon in den 1920er-Jahren wurden Werbebroschüren verteilt, die Bramberg als „Alpinen Wintersportplatz“ anpriesen. Die Schulkinder verbrachten ihre Turnstunde beim Skifahren und schulterten in Wenns ihre Ski und stapften im Gänsemarsch bergauf. Die Basis des alpinen Skilaufs in Bramberg wurde dann 1959 mit dem Bau des Traglehenlifts gelegt – eine echte Pionierarbeit. Volksschuldirektor und Skiclubobmann Hans Hönigschmid initiierte ihn – betrieben wurde er durch den Skiclub. Die oberen Klassen der Buben-Volksschule rückten in den Turnstunden aus, um beim Bau Hilfsdienste zu leisten. Auch mussten diese Buben bei starkem Schneefall mit ihren Skiern die Piste „niederbretteln“. „Es war ein einfacher, 300 m langer Schlepplift mit Seilen, an denen man bereitliegende Holzbügel selbst einhängen musste. Nach einigen Fahrten brachte jemand mit der „Bugelkrax“ (Rückentrage) die Holzbügel wieder ins Tal, damit die nächsten hinauffahren konnten.“ Neben dem Traglehenlift entstanden in Bramberg und Mühlbach noch etliche Kleinschlepplifte, geblieben bis heute ist der „Wennser Gletscher“, welcher von Skianfängern und Familien auch heute noch begeistert genutzt wird.
Die längste beleuchtete Rodelbahn der Welt
Parallel zum Skisport entwickelte sich auch das Rodeln – heute ein Markenzeichen der Wildkogel-Arena. Walter Innerhofer erinnert sich: „In der Umgebung gab es sehr erfolgreiche Rennrodler - Rodeln war in der Region ein ernsthaft betriebener Sport. Doch immer mehr wurde es auch zur lustigen Freizeitbeschäftigung für die ganze Familie und auch Urlauber wollten sich im Schlittenfahren versuchen. Der 1987 errichtete Skiweg zeigte sich als ideale Rodelstrecke und 2004 wurde der Weg ausgebaut und mit Beleuchtung versehen: Die Geburtsstunde der Rodelbahn. Heute ist die längste beleuchtete Rodelbahn der Welt ein Highlight für alle Rodelfans und wurde sogar mit dem Internationalen Rodelbahngütesiegel in Doppelgold ausgezeichnet.“
Rund 30 Jahre stand Innerhofer als Obmann dem Skiclub Bramberg vor, seit 2002 ist er Obmann des Tourismusverbands. Besonders stolz ist er auf die Eröffnung der Smaragdbahn 2010, die Bramberg direkt mit dem Wildkogel verband. „Alle wussten, jetzt geht es aufwärts. Die Bevölkerung unterstützte den Bau begeistert, und der touristische Aufschwung war spürbar.“
Damals und heute
Vom mühsamen Aufstieg mit Holzskiern bis zu modernen Bahnen mit Panoramablick – die Entwicklung der Wildkogel-Arena ist eine Geschichte von Pioniergeist, Mut und Gemeinschaft. Und für die Gäste, die heute mit vollem Komfort die perfekt präparierten Pisten genießen, ist es vielleicht schön zu wissen: Vor nicht allzu langer Zeit begann all das mit ein paar Buben, einem Holzbügel und einer großen Liebe zum Skifahren.
Texte: Edith Danzer






















